Mittwoch, 28. September 2011

27.7., Tag 6 – Luxus und so.


Es ist nicht das erste mal, dass ich mich folgende Behauptung niederschreibend wiederfinde, aber man kann es gar nicht oft genug zu Protokoll bringen: Skifahren ist hier mehr Wert. Von Las Trancas aus, dem Ort der tausend Cabañas, der gute 10 Kilometer vor Termas de Chillán liegt, fährst du 20 Minuten ins Skigebiet. Oder du wirst gefahren. Auf der Ladefläche eines allradgetriebenen Pick-ups, dessen Fahrer ein Herz für autostoppende Gringos hat, kommt es sich recht ungemütlich, kalt und im schlechteren Fall dreckig und feucht bei der Talstation an. Im Wissen, jemandem dazu verholfen zu haben, eine gute Tat zu vollbringen, kommt es sich dann aber auch recht zufrieden an, man hat es ja schließlich überlebt.
Weniger Glück hatte da der Straßenbedienstete, dessen Räumfahrzeug vergangene Woche von einer den Zufahrtsweg verlegenden Nassschneelawine überrollt wurde. Er war genau so wenig mit einem LVS-Gerät ausgestattet, wie seine sicherlich nicht wenigen Vorgänger, die – vielleicht sogar im gleichen Lawinenstrich – ebenfalls ihr Leben lassen mussten im Dienst für die Allgemeinheit, oder besser gesagt für die oberen Hunderttausend, die sich den Skisport in Chile überhaupt leisten können, und die für ihre abgehobenen Monster-SUV´s gefälligst eine schneefreie Straße vorfinden wollen, damit sie sich ihre manikürten Hände nicht bei der Kettenmontage schmutzig machen müssen. Ein Lawinen-Pieps fürs Räumpersonal – für die hier zuständige Regionalverwaltung also anscheinend ein unerschwinglicher Luxus.
Bei der Liftkassa fühle ich mich dann zum ersten mal leicht gepflanzt – 20000 Pesos (31 Euro) muss ich brennen, dafür bekomme ich drei offene Zuggel-Lifte und nicht bestelltes Wetter, das sich mit Nieselregen und dichtem Nebel am klaren Himmel des Vortages rächt. Ich spreche jemanden am Sessel an, er hikt mit mir eine Piste hoch, die dank der heute vorherrschenden Funktionsunfähigkeit des wichtigsten Liftes im Gebiet menschenleer ist, nur um dann einen Hang zu befahren, der mir bei nicht geschlossener Aufstiegshilfe nicht mal als Aufwärm-Hang in den Sinn käme. Ah ja, der Schnee ist nass, schwer und klebend, mein Begleiter nicht gerade ein Shaun White, dafür aber schon white vor lauter Schnee als er unten ankommt.
Ein verlorener Tag also. Ein verlorener Tag? Wieder einen spaßigen, sehr relaxten Muchacho kennengelernt, von dem man nach der Schneewühl-Session noch auf ein Bier eingeladen wird, wieder einen meinem Spanisch sehr zudienlichen Abend mit den irrlichternen WG-Leuten verbracht, wieder todmüde und mit einem kaum erklärbaren Gefühl der Zufriedenheit in den Schlafsack gefallen. Danke, Chile, wieder kein verlorener Tag.

 
Gustavo. Organic Farmer. Crazy.

 
Thibeaux. Frenchman. Crazy.

Chairlift. Chilean. Crazy.

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