Montag, 26. September 2011

25.7., Tag 4 – plans. …and reality.


*Nachtrag zu gestern:
Pläne sind dazu gemacht, sie über den Haufen zu schmeißen. Ich schaffe es nicht rechtzeitig nach Chillán, um den letzten Bus von dort in Richtung Berge zu erwischen. Derart gestrandet muss ich spätabends auf die Hilfe des netten Busbegleiters und des von ihm bestellten Taxlers vertrauen. Ich werde zu einer Gastfamilie dessen Vertrauens gefahren - unglaublich herzliche Leute. Noch im Hauseingang muss ich mein Gepäck stehen und liegen lassen, werde sofort zum familiären Esstisch gezerrt. Großeltern, Eltern, Kinder, alle da, alle sind begeistert von mir, obwohl oder gerade weil ich nur mit Händen, Füßen und viel Gestammel auf ihre vielen Fragen antworten kann. Ich bekomme Hausmannskost und Mate bis ich voll bin und peinlich berührt vor lauter Gastfreundschaft. Drei Zimmer haben sie zu vermieten. Vor zwei oder drei Jahren sei schon einmal ein Ausländer hier gewesen, das werde man so schnell nicht mehr vergessen, und jetzt schon wieder. „Socialize with locals“ für mich damit mehr als abgehakt.
Morgen dann aber wirklich nach Termas de Chillán. Es regnet in Strömen, die beim Abendessen nebenherlaufenden TV-Nachrichten melden Flugbrücken in eingeschneite Bergdörfer etwas weiter südlich. Die Chefin des Hauses sagt, in Termas habe es momentan sechs (!) Meter Schnee – das Klima spiele hier verrückt seit dem schweren Erdbeben vergangenen Jahres. Ich höre und staune und freue mich ein bisschen auf morgen.*

Mit dem Bus nach Termas de Chillán. Eineinhalb Stunden Fahrt, während derer ich größtenteils stehen muss. Die Scheiben laufen an, alles dampft. Dann, an der gefühlt 150. Haltestelle, ein Schild mit der Aufschrift „Las Trancas“, der Name jenes Vororts von Termas, in dem alle Hostels und Cabañas stehen, und wo ich hin muss. Ich sehe das Schild, denke hier bin ich richtig, steige aus und krame mein Gepäck aus dem Stauraum. Während es mir eine zehnköpfige Reisegruppe nachmacht, schaue ich mich um und beginne mich über die Verlassenheit dieses angeblichen Skiortes zu wundern. Ich folge dem Straßenverlauf – um mich herum das große Nichts – noch etwa 200 Meter, bevor mich der Bus, der sich der Reisegruppe scheinbar erfolgreich entledigen konnte, wieder einholt. Noch im Fahren springt die Tür auf und der Busfahrer deutet mir, ich solle doch wieder einsteigen. Er kann sich das Lachen nicht mehr verhalten. Seinen hardcore-Dialekt verstehe ich zwar nicht mal annähernd, aber dass ich hier falsch bin, checke jetzt sogar ich. Wenn es in diesem Bus noch jemanden gibt, der mich noch nicht minutenlang mit skeptischem Blick von oben bis unten gemustert hat, spätestens jetzt tut er es.
Es geht also noch gute 15 Minuten. Fünf davon unterhalte ich mich mit einem verdächtig nach Snowboard-Dude ausschauenden Hiesigen, der sich meiner erbarmt und sich zu mir setzt. Nach kaum zwei Sätzen hat er mich schon in sein Haus eingeladen, er meint er hätte vielleicht eine Schlafgelegenheit für mich. Wir kommen also im tief winterlichen Las Trancas an und ich folge dem Snowboard-Dude mit Namen Gustavo in ein windschiefes Pippi-Langstrumpf-Gedächtnis-Knusperhäuschen. Dort werde ich von den insgesamt sieben Bewohnern sofort freudig aufgenommen, und ich kann mein Glück kaum fassen, man bietet mir ein Bett zum ganz kleinen Preis an, aber zum ganz kleinen. Der Tag wird schließlich verchillt, ich lerne alle kennen und bin begeistert, man bemüht sich aufopfernd darum, mir mein miserables Spanisch zu entlocken. Bueeena onda!

                                        Am Ortseingang von Las Trancas - ooooh ja!

                              Meine Kamera hat vergessen das Haus der Dudes zu fotografieren.
                   Das isses nicht, aber so ungefähr kann man sichs vorstellen, nur halt knuspriger.

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